Fliegen, rätseln und erforschen
AER Memories of Old - Article - Fliegen, rätseln und erforschen
AER Memories of Old
03.12.17 18:44 Test
Daedalic konnte in den letzten Jahren vor allem mit Point&Click Adventures für Aufsehen sorgen. Doch wie sieht es mit anderen Genres aus? Mit "AER Memories of Old" versucht sich Daedalic an einem rec ...
Das schwedische Entwicklungsteam Forgotten Key war schon 2015 unter Obhut von Daedalic auf der Gamescom mit ihrem Titel „AER Memories of Old“ vertreten. Damals stand noch kein genaues Releasedatum fest, dass AER dann aber erst am 27.10.2017 erscheinen wird, machte dann doch stutzig. Dementsprechend war das schwedische Entwicklungsteam auch dieses Jahr auf der Gamescom, um das grafisch minimalistisch gehaltene Indie-Spiel zu präsentieren. Dort konnte ich AER schon ein wenig anspielen und das Spiel weckte großes Interesse (erste Eindrücke findest du hier). Umso stärker waren die Erwartungen, als das letztendliche Releasedatum feststand. Vor allem, da mit FE, einem von EA umworbenem Indie-Titel, ein ähnlich aussehendes Spiel auf der Gamescom für Begeisterung sorgen konnte. Zwar erscheint FE erst im Frühjahr 2018, einen Konkurrenten auf dem Indie-Videospiel-Markt stellt es aber trotzdem für AER dar. Muss sich FE warm anziehen oder waren die eigenen Erwartungen zu hoch?

Viel Fantasie

Die Geschichte von AER dreht sich um das Mädchen Auk, dessen Vergangenheit zu Beginn noch ein Mysterium bleibt. Auk besitzt die besondere Fähigkeit, sich in einen Vogel zu verwandeln und somit durch die Lüfte zu fliegen. Diese Fähigkeit stellt sich aber schon sehr früh als notwendig heraus, da Auk auf der Wolkenstadt AEK lebt. Diese besteht aus vielen, kleinen Wolkeninseln, die es zu erforschen gilt. AEK ist bestückt mit Sagen und Mythen alter Götter, auf dessen Spuren du mit Auk wanderst. Dabei erfährst du nicht nur einiges über ihre Vergangenheit, sondern auch eine Menge über die Geheimnisse der Wolkenstadt. Nach und nach wird klar, dass Auk sich nicht nur auf ihren eigenen Spuren bewegt, sondern AEK von einem unbekannten Bösen beschützen soll.

--> Zwar klingt die Geschichte durchaus simpel, doch im Laufe des Spieles eröffnet die Story eine bisher ungewohnte Tiefe. Sie lässt dich beinahe den gesamten Spielverlauf im Unklaren über das, was in AEK passieren wird und passiert ist. <- Der Spieler selbst soll durch eifriges Erkunden zum Geschichtenerzähler werden, eine klare narrative Linie besteht nicht, was zum Vorteil hat, dass du das gesamte Spiel frei entscheiden kannst, was du als nächstes machen willst.

Dementsprechend agiert auch das Questprinzip. Klare Quests gibt es keine. Gespräche mit Dorfbewohnern oder alte, verstecke Steintafeln geben Informationen preis, welche dir auf deiner Suche nach der nächsten Höhle oder dem nächsten Tempel helfen können. Beschriebene Orte werden jedoch auf der Karte angezeigt, du musst deine Ziele anhand von angegebenen Himmelsrichtungen ausfindig machen. Somit legen auch die Quests großen Wert auf das eigenständige Erkunden und Erforschen. AER nimmt dich auf deinem Weg so wenig wie möglich an die Hand und versucht, den Reiz des Entdeckens anzusprechen. So interessant das grundsätzliche Spielprinzip auch klingen mag, Gefahren birgt die unorthodoxe Spielweise leider trotzdem. Denn die Wirkung der Geschichte hängt komplett vom jeweiligen Spielertyp ab. Lässt sich ein Spieler nicht auf die freie Spielweise ein, kann AER schnell langweilig werden und seine ganze Stärke erst gar nicht entfalten. Das Spielprinzip ist somit recht risikoreich, gleichzeitig aber auch interessant und innovativ.
Minimalistisch und verspielt

Grafisch ist AER extrem minimalistisch gehalten und erinnert stark an das immens erfolgreiche Indie-Spiel "The Journey". Mimik und ausschweifende Gestik sucht man vergebens, alle Figuren und Lebewesen sind auf das Mindeste reduziert. Auch die Spielwelt strotzt nicht vor Detailverliebtheit, denn die Wolkeninseln kommen mit einem sehr überschaubaren Spieldesign daher. Doch braucht AER überhaupt einen realistischen und auffallenden Look? Nein, braucht es nicht! Denn so minimalistisch die Grafik auch gehalten ist, so träumerisch und fantasievoll passt sie sich der Geschichte und dem Spielprinzip an. Die resultierende Atmosphäre hinterlässt wesentlich mehr Eindruck als eine ausgereifte Grafik. Vor allem in den eher düsteren Momenten zeigt AER seine größte atmosphärische Stärke. Zwar sind diese Momente sehr rar gesät, sie mischen das eigentlich friedliche und fantasievolle Setting aber mächtig auf.

Was die Spielwelt betrifft, bewegt sich AER an der Grenze zwischen liebevoll und leblos. Es gibt verschiedene klimatische Bereiche, wie Schnee- oder Wasserlandschaften, die auch allesamt toll designt sind, Lebewesen sucht man oftmals aber leider vergebens. Manche Gegenden sind gefüllt von Menschen und verschiedenen Tierarten, andere hingegen sind beinahe komplett kahl und leer. Dies hat zur Folge, dass manche Orte nicht den angesprochenen träumerischen, schönen Charme versprühen, den man grundsätzlich erwartet. Inhaltlich hingegen macht dieser bestehende Kontrast aber durchaus Sinn, da die Geschichte unter anderem auch von einer vom aussterbenden Welt handelt. Erschreckend deutlich ist dieser atmosphärische Einschnitt aber trotzdem.

Fliegender Sherlock Holmes?

Das Gameplay dreht sich, wie nicht anders zu erwarten, die meiste Zeit um das Fliegen. Auk kann sich jederzeit in einen Vogel verwandeln und die Spielwelt mit großer Geschwindigkeit überfliegen. Und das fühlt sich in AER extrem gut an. Jeder einzelne Flügelschlag bringt einen spürbaren Schub mit sich, jede einzelne Bewegungen läuft unglaublich sanft und flüssig ab. Vor allem die Verwandlung zum Vogel und zurück, welche auch während eines Fluges getätigt werden kann, um enge Hindernisse zu bewältigen, verläuft einwandfrei. Das Fliegen macht enorm Laune und verliert sich auch nicht in einer langweiligen Eintönigkeit. Was jedoch ein wenig stört ist die Kamera, welche nicht hinter der Figur bleibt, sondern manuell gesteuert werden muss. Dadurch wird es gerade zu Anfang meist ein wenig unübersichtlich und schadet dem eigentlich so gut funktionierendem Fliegen. Dieses kleinere Problem fällt trotz allem nicht weiter ins Gewicht und das Fortbewegen in AER bietet immer noch jede Menge Spielspaß. Auf deiner Reise musst du einige Höhlen und Tempel erforschen, in welchen mehrere Rätsel vor dir liegen. Zwar bieten diese spielerische Abwechslung, ähneln sich aber leider zu arg und sind oftmals viel zu leicht. Die Rätsel folgen so gut wie immer gleichen Prinzipien und lassen sich somit auch sehr einfach lösen. Die großen Erfolgsgefühle bringt das Vollenden der Rätsel nicht mit sich, meistens müssen nur lange Laufstrecken zurückgelegt werden, um einen Schalter am anderen Ende der Halle zu betätigen. Schade, die eigentliche Idee von Knobeleien hätte das Spielprinzip auffrischen können, dämmt den Spielspaß letztlich aber sogar noch ein.

Was die Steuerung betrifft macht AER nichts falsch und gibt dir die komplette Kontrolle über deine Figur, ohne dabei zu kompliziert oder verstrickt zu werden. Abgesehen vom Fliegen besitzt Auk auch keine besonderen Fähigkeiten, die spielerische Raffinesse mit sich bringen. Jeder kann AER spielen und jeder wird mit der Steuerung auch auf lange Zeit glücklich. Neben den Rätseln ist auch der Umfang ein Problem. Die Spielwelt ist insgesamt recht klein und überschaubar und die Spielzeit ist sehr gering. Natürlich sollte man bei einem Kaufpreis von 14,99€ keine Open-World á la GTA oder Assassins Creed erwarten, ein bisschen mehr Umfang und Inhalt hätte AER aber trotzdem gutgetan.
Erfahre hier, wie der Titel in unserer Wertung abgeschlossen hat.

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Erstellt von Rufus
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Aktualisiert
03. 12. 2017 um 18:44
03. 12. 2017 um 18:44
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