Silence please!
Silence - The Whispered World 2 - Article - Silence please!
Silence - The Whispered World 2
04.09.14 19:27 Interview
Im Rahmen der Gamescom bot sich mir die Möglichkeit, ein Gespräch mit den beiden Daedalic-Mitarbeitern Marco Hüllen und Anne von Vaszary zu führen und allerhand Interessantes über "Silence - The ...
Neogamer: Hallo ihr Zwei! Ich glaube, es ist am besten, wenn ihr euch unseren Lesern erstmal kurz vorstellt und erzählt, welche Rolle ihr bei der Entwicklung von „Silence – The Whispered World 2“ einnehmt.

Marco: Sehr gerne. Mein Name ist Marco Hüllen und ich bin der Lead Designer von „Silence“.

Anne: Ich bin Anne von Vaszary, die Autorin des Spiels. (und dann muss sie sich auch schon wieder kurz verabschieden, am Deadalic-Stand gibt es heute viel zu tun.)

Neogamer: Bei „Silence“ kommt zum ersten Mal eure Camera-Projection-Technik zum Einsatz, die zweifellos wunderhübsche Bilder auf den Bildschirm zaubert. Allerdings empfinde ich den neuen Look als deutlichen Bruch mit dem visuellen Stil des ersten Teiles, den viele Fans so liebten. Besteht nicht die Gefahr, letztere zu enttäuschen?

Marco: Das stimmt, wir wollten ein bisschen düsterer werden.



Neogamer: Wie im emotionalen Trailer ja bereits zu sehen war.

Marco: Ganz genau. Um die Story wirklich tragen zu können, mussten wir vom Comic-Look etwas weg.

Neogamer: Dieser Look wird also auch nicht zurückkehren?

Marco: Es wird eine Mischung geben. Der Comic-Look ist ja eigentlich auch mein Stil, der sich in „Silence“ eben durchaus etwas weiterentwickelt hat. Dieser Schwung, der den Grafik-Stil des ersten Teiles deutlich geprägt hat, war halt ziemlich extrem – das wäre aufgrund unserer neuen Technik in dieser Form auch gar nicht mehr möglich gewesen. Allerdings entschädigt die neue Camera-Projection Technik hinreichend für den Verlust der Optik des ersten Teiles, wir haben schlicht und einfach viel größere Möglichkeiten hinsichtlich der Inszenierung. Das wollten wir unbedingt mit rein bringen. Auch die neuen 3D-Charaktere dienen dem Erzählen der Geschichte. Man könnte das alles vielleicht ein wenig mit Disney und Pixar vergleichen: Sie sind zwar grundlegend unterschiedlich, aber verfügen beide über einen vergleichbaren Charme.

Neogamer: Die Diskrepanz zwischen Figuren und Hintergrund ist ja auch nicht sonderlich groß. Sie scheinen überraschend gut miteinander zu harmonieren.

Marco: Ich glaube, dass man sich gut reinfinden wird. Auf den ersten Blick ist man zwar vielleicht etwas irritiert und denkt ,,Okay, es ist jetzt anders“, aber alle Zweifel hinsichtlich des neuen Stils sollten mit dem Spielen schnell verschwinden.



Neogamer: Also hübsch ist der neue Grafik-Stil auf jeden Fall!

Marco: Vielen Dank!

Neogamer: Wird es noch weitere Veränderungen dieser Größenordnung geben? Ich habe in einem Vorbericht gelesen, dass ihr kein klassisches Point-and-Click Inventar verwenden wollt. Wie hat man sich das vorzustellen?

Marco (schmunzelt): Also das gibt es teilweise. Wir haben einen intelligenten Cursor, der dem Spieler hilft – er darf aber auf keinen Fall die Rätsel vorweg nehmen. Sonst fühlt sich der Spieler für dumm verkauft. Wir wollen vor allem den narrativen Wert etwas in den Vordergrund rücken, uns ist es wichtig, einen guten Spielfluss zu erzeugen und einige Patzer aus dem ersten Teil zu vermeiden. Da gab es Rätsel, mit deren Lösung manche Spieler 3 Stunden verbrachten...

Neogamer: Ich habe den Schwierigkeitsanstieg die meiste Zeit über als recht logisch und fair empfunden, bis man dann das Schloss erreicht. Da musste ich ab und an mal in die Lösung schauen.

Marco: Genau, so was wollen wir auf keinen Fall mehr drin haben. Wir denken, dass wir einen guten Spielfluss in „Silence“ haben, der den Griff zur Lösung obsolet macht. Durch Rätsel, die sich kaum lösen lassen, macht man das Spiel kaputt. Das haben wir im ersten Teil manchmal nicht so gut hinbekommen.

Neogamer: Ich erinnere mich an große Diskussionen mit Mitspielern, die einen Blick in die Komplettlösung grundsätzlich ablehnten. Das war durchaus problematisch, weil ich einfach nur wollte, dass es endlich weitergeht. Letztendlich durfte ich dann aber doch mal das Ende des Spieles erleben. Richtet sich die Fortsetzung also eher an Casual-Gamer?

Marco: Nein, nicht wirklich casual. Lass es mich so ausdrücken: Wenn sich auf der linken Seite die klassischen Adventures befinden und die erzählerisch beeindruckenden Telltale-Games auf der rechten, dann ist „Silence“ genau in der Mitte zu verorten. „The Walking Dead“ finden wir ganz toll, aber es ist uns dann doch etwas zu einfach.



Neogamer: Der Name „Silence“ steht ja eindeutig im Vordergrund und lässt einen fast vergessen, dass es sich um die Fortsetzung von „The Whispered World“ handelt. War dieser Spin-off Charakter beabsichtigt oder wolltet ihr das Spiel damit einem internationalen Markt öffnen?

Marco: Das Spiel soll auch für sich alleine stehen können. Spieler, die den ersten Teil damals verpasst haben, können somit auch schnell einen Zugang finden. Die Handlung beginnt ja auch erst Jahre später, du kennst ja das Ende von Teil 1, über das ich an dieser Stelle mal nichts verraten will. Wir haben uns jedenfalls bemüht, die Story des Vorgängers kurz in der Exposition von „Silence“ wiederzugeben, um alle Spieler auf denselben Stand zu bringen. Man muss Teil 1 also nicht kennen, wird jedoch jede Menge Details wiederfinden können, die an ihn erinnern.

Neogamer: Ist der Twist am Ende des Vorgängers nicht problematisch für die Konstruktion einer Fortsetzung? Ihr müsst ja jetzt zwangsläufig damit arbeiten, dass der Spieler über den wahren Charakter der „Whispered World“ im Bilde ist und das Gezeigte und Erlebte richtig bewerten kann.

Marco: Wir starten ja sogar in der realen Welt und spielen den Jungen, der in der Fantasywelt Sadwick war.

Anne (inzwischen zurückgekehrt): Also der Junge, für den Sadwick sich geopfert hat. In der realen Welt heißt er Noah und durchlebt mit seiner kleinen Schwester Renie eine schreckliche Zeit. Ihnen passiert etwas, das die beiden zurück in die Whispered World befördert. Sadwick/Noah weiß ja inzwischen was diese Welt bedeutet – genau wie der Spieler.

Marco: Mhm, also man weiß es noch nicht so genau…

Anne: Man wird es auf jeden Fall erfahren. Jedenfalls ist einem so manches schon etwas klarer, wenn man bereits den ersten Teil gespielt hat. Außerdem weiß man von Anfang an, dass es besser wär,e diese Welt schnellstmöglich wieder zu verlassen.

Marco: Genau.



Neogamer: Im ersten Teil war Spot meine absolute Lieblingsfigur. Daher muss ich einfach fragen, ob es ein Wiedersehen geben wird und ob man sich wieder auf spaßige Transformationsrätsel freuen darf. Oder wäre das ein zu großer Spoiler?

Marco: Nein, Spot wird auf jeden Fall wieder vorkommen! Und er wird wieder ein zentrales Element im Rätseldesign sein.

Neogamer: Also darf sich wieder munter transformiert werden?

Marco: Man hat von Anfang an drei Spot-Grundformen (normal, dick, flach). Spot kann mit der Maus groß und klein gezogen werden. An einer Stelle muss man ihn beispielsweise „flach“ machen und unter einen Gegenstand legen, der für Renie zu schwer ist. Wenn man ihn dann anschließend groß zieht, wird man die Lösung des Rätsels erleben.

Neogamer: Also wird alles etwas interaktiver?

Marco: Exakt. So wird man noch tiefer in die Story und die Welt eintauchen können als zuvor. Es wird auch noch weitere Spot-Formen geben, aber über die möchte ich noch nichts verraten.

Anne: Man muss sich die Welt eben ganz genau anschauen und überlegen, wie Spot behilflich sein könnte.

Neogamer: Also hat man es nicht mehr mit vorgegebenen Formen zu tun, sondern muss sinnvoll mit der Umwelt interagieren?

Marco: Genau! Die drei Grundformen existieren zwar immer, aber im Grunde muss man fleißig rumprobieren und kombinieren, um die restlichen zu entdecken.

Neogamer: Noch mal ein paar Worte zum Rätseldesign. Wie bereits angesprochen, werdet ihr auf ein klassisches Inventar verzichten - aber bedeutet das nicht, dass sich die Rätsel lediglich auf einzelne Screens beschränken? Man kann ja nichts mitnehmen…

Marco: Einen Gegenstand kann man mitnehmen, einen etwas kleineren. Allerdings wird es nicht möglich sein, „Panzertüren“ etc. durch die Gegend zu tragen. Die Rätsel werden tatsächlich hauptsächlich auf einem Screen gelöst werden. Spot ist aber ebenfalls immer mit dabei und sorgt für frischen Wind im Rätseldesign. Außerdem haben wir neue interaktive Elemente mit rein gebracht, so wird es beispielsweise möglich sein, schwere Elemente zu bewegen und das Gewicht dabei regelrecht spüren zu können. Desweiteren haben wir ein Balance-System integriert, bei dem es wichtig ist, die Maus mit viel Gefühl zu bewegen, da sonst ein Absturz der Spielfigur die Folge wäre. Alle diese Elemente sollen dafür sorgen, dass der Spieler noch tiefer in die Geschichte gezogen wird. Übrigens verfügt beinahe jedes dieser Elemente über eine eigene Animation, was schon verdammt viel ist. Aber das wollten wir auch so.

Neogamer: Klingt alles deutlich interaktiver als in herkömmlichen Point-and-Click-Adventures. Wird ein sinnloses Gegenständekombinieren á la „Edna bricht aus“ möglich sein?

Anne: Diese Möglichkeit wird es mit Spot schon in einer gewissen Form geben. Aber weil wir auf ein Inventar verzichten, fällt die klassische Form des Kombinierens natürlich weg. Allerdings wird man schon einige Dinge mitnehmen können, welche die Hauptfigur dann in ihrer Hand trägt. Es ist also nicht so, dass „die Stange für später“ mal eben in die Hosentasche gesteckt werden kann – was ja auch vollkommen unlogisch wäre.

Neogamer: Also hin zu mehr Realismus?

Anne: Genau. Aber wie gesagt: Kleine Teile wird man tragen können. Das schafft dann auch die tendenziell eher schwache Renie.

Neogamer: Man wird also auch Renie steuern können?

Marco: Ja. Eventuell wird man sogar mal einen Solo-Abstecher mit Spot unternehmen können… Eigentlich ist es in Spielen ja immer wichtig, nicht zu realistisch zu werden, dann wird es stinklangweilig. Aber gerade bei Story-basierten Videospielen ist ein gewisser Grundrealismus schon wichtig. Manche Point-and-Click-Inventar-Rätsel sind halt schon albern…

Neogamer: Als Adventurespieler ist man hinsichtlich der Inventargröße ja echt so einiges gewohnt…

Anne: Da scheint alles reinzupassen.

Marco: Wir werden jetzt auch nicht gerade die schwersten Rätsel von allen haben. Wir legen wert auf Logik und gutes Vorankommen – ohne die Spieler dabei zu unterfordern.

Neogamer: Jetzt noch eine Frage in eigenem Interesse. Mir fällt auf, dass von jedem Deadalic Spiel nach einiger Zeit eine unglaublich tolle Collector´s Edition mit Audiokommentar erscheint. Daher habe ich fast jedes eurer Spiele zweimal im Regal stehen. Wäre es also nicht möglich, den Kommentar bei „Silence“ gleich in der Erstauflage zu integrieren?

Marco (lacht): Also ich habe schätzungsweise 20 Boxen von Star Wars im Regal. Ich verstehe also gut, was du meinst. Aber das ist so ein PR-Ding, auf das wir keinen Einfluss haben – da musst du mal unsere Marketing-Abteilung kontaktieren.

Neogamer: Dann bedanke ich mich bei euch beiden für das aufschlussreiche Gespräch!

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Erstellt von George Stobbart
Zuletzt online: 6 Jahre 7 Monate
Kategorie:
Interview
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Aktualisiert
04. 09. 2014 um 19:27
04. 09. 2014 um 19:27
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