Die Polizei weiß es besser
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23.03.09 15:20 Kolumne
Die Debatte um gewalttätige Spiele aus Anlass des Amoklaufes von Winnenden Anfang diesen Monats fängt langsam an zu brodeln. Doch das man sich dagegen auch zur Wehr setzen kann, das zeigt... die Waf ...
Heute erschien bei diesem Online Magazin eine Meldung von der Deutsche Polizeigewerkschaft Hessen, die sich mit zur Verfügung stellt als Vorreiter gegen Killerspiele als Reaktion auf den Amoklauf von Winnenden (ePrion berichtete). Doch da ePrison differenziert und vor allem Nachrichten nicht mit Meinung vermischen möchte, folgt in dieser Kolumne eine kleine Auseinandersetzung über die Motivsuche im Bezug auf die zwei hauptsächlich Angeklagten: Die Killerspiele und die Waffenlobby.

Wer möchte, der kann es als positiv bewerten, dass Heini Schmitt, der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft Hessen ein paar Argumente für ein Killerspieleverbot liefern wollte. Wenn er richtig verstanden wird, dann sollten diese Spiele abgeschafft werden, da die Kinder und Jugendliche sich in die virtuelle Scheinwelt zurückziehen.

Achterbahnfahrten sollten auch verboten werden.


Aus der wissenschaftlichen Arbeit "Brutale Spiele(r)?" von Dr. Manuel Ladas ergeht jedoch, dass einer der Gratifikationen, sprich Auslöser, um zu einen Spiel zu greifen die Unterhaltung ist. Es "fiel in den Aussagen von Spielern im Rahmen bisheriger Studien auf, dass Computerspiele aufgrund der Verknüpfung von Nutzermotivation und -interessen mit dem Spielangebot oftmals instrumentalisiert genutzt werden, um bestimmte Gratifikationen zu erhalten, z.B. Unterhaltung (Vertreibung von Langeweile), Entspannung oder Aggressionsabbau", schreibt Herr Ladas. Computerspiele bieten demnach Unterhaltung, das Unterhaltung mit dem Rückzug in eine Scheinwelt einhergeht leuchtet ebenso ein. Bei ansprechenden Pen & Paper Rollenspielen (Tabletop), Brettspielen, TV-Filmen oder einem guten Buch sollte diese Flucht in eine andere Realität auch gelingen. Da könnte hinterfragt werden, ob denn Herr Heini Schmitt so frei ist und eben von allen Medien und jeglicher Unterhaltung die Finger lässt. Das sich ein Computerspiel gerade durch seinen Spaß-Faktor definiert, schreibt auch der Spiegel. Laut Espen Aarseth vom Center of Computer Games Study in Kopenhagen ist die einfachste Definition für ein Spiel folgende: "Games are facilitations that structure player behaviour and whose main purpose is enjoyment."

Überspitzt gesagt, bedeutet die Abschaffung von gewalttätigen Spielen, die Abschaffung jeglicher Medien mit gewalttätigen Inhalte und insbesondere dann, wenn keine ausreichenden Indizien dafür vorliegen. Auch alle Sportarten sollten demnach verboten werden, da sie eine Flucht in eine andere Realität, einer Welt mit anderen, jedoch vordefinierten Spielregeln, folgen. Bei einer Abschaffung von Killerspielen, könnte also resümiert werden, das den Menschen der Spaß am Leben genommen werden soll. Achterbahnfahrten sollten auch verboten werden.

Als weiteres Argument für einen Bann nennt er, dass Altersgrenzen meist keine Beachtung finden. Das es jedoch zu Hauf Clans gibt, in denen ein Beitritt, quasi wie früher im Schützenverein, erst ab 18 möglich ist, verdeutlicht der Schwarze Wölfe Clan. Doch ganz entziehen kann sich die Spielergemeinde dem Vorwurf nicht, denn die talentierten Spieler sind häufig überdurchschnittlich jung oder fangen in jungen Jahren an und haben es auch so schon manchmal, mit ein bisschen Glück, zu viel Ruhm & Ehre gebracht. Vielen wird der Name Johnathan "Fatal1ty" Wendel im Bereich des sozialen Online Gaming ein Begriff sein. Wem der Name nicht geläufig ist, der sollte die gängigen Suchmaschinen verwenden. Falls jedoch Altersgrenzen wirklich keine Beachtung finden, wäre es denkbar, dass schon beim Verkauf von Computerspielen ein Fehler begangen wird, weil nicht jeder nach seinem Ausweis gefragt wird. Das die Altersgrenzen somit immer mehr Beachtung finden werden, zeigt der Trend zum Onlinekauf. Denn dort ist, so zumindest der Glaube, die Eingabe der Personalausweisnummer erforderlich. Ach nein, ich vergaß. Es gibt auch noch Programme die solche Nummern automatisch generieren und es gibt auch Eltern oder Geschwister mit einem Personalausweis. Vollständige Kontrolle wird es somit in absehbarer Zukunft wohl nicht geben. Ein Hinweis, der meist wenig bringt, sei jedoch gestattet: Die Eltern sind natürlich dafür verantwortlich, was ihre Sprösslinge treiben.

Nicht unüblich ist folgendes Szenario, dass auch für Computerspiele gelten kann, es zeigt jedoch vor allem, dass die Polizei noch in vielen anderen Fällen Nachholbedarf hat und auch das es teilweise eine Unterfinanzierung der Polizei gibt, da sie so viele verschiedene Bereiche abzudecken verpflichtet ist.

Noch Tage vor dem Amoklauf in Winnenden beschaffte ein 18-jähriger ein paar Minderjährigen Alkohol, berichtete die Morgenpost. Es mag wie eine Kleinigkeit klingen, doch ein paar mehr Informationen reichern die Tat an. Der Jugendliche hat zwei Mädchen den Alkohol gegeben. Ein Schelm ist wer schlimmes denkt. Wie ein Polizeisprecher mitteilte wird gegen ihn wegen des Verdachtes der Körperverletzung ermittelt.

Ein Aufschrei in der Bevölkerung zu diesem Thema gab es nicht? Wahrscheinlich weil es laut BR-Online alleine zehn Millionen Menschen gibt, die an der Grenze zum Alkoholmissbrauch stehen. Das wäre ein Achtel der Bevölkerung dieses Landes. Die Möglichkeit dem Volk sein Opium wegzunehmen, gibt es schließlich theoretisch auch. Einhergehend damit könnte die Deutsche Polizeigewerkschaft Hessen auch ein Alkoholverbot fordern. Schwerer durchzusetzen und noch unpopulärer scheint dies der präsentierten Zahl, das es jedoch unmöglich ist, ist unhaltbar.

Wie Herr Heini Schmitt, der Vorsitzende der Deutsche Polizeigewerkschaft Hessen einräumt "gebe es zwar keinen gesicherten Beweis dafür, 'dass die häufige Flucht in die virtuelle Killerwelt eine Mitursache für solch wahnsinnige Taten sein kann', sagte Schmitt. 'Aber eben so wenig können Killerspiele als Mitursache gesichert ausgeschlossen werden.' Wenn eine Chance zur Beseitigung einer möglichen Mitursache bestehe, dann müsse diese genutzt werden, verlangte der Chef des Landesverbands der Polizeigewerkschaft im Beamtenbund."

Dem widerspricht Herr Dr. Manuel Ladas in seiner wissenschaftlichen Arbeit:

"Sowohl Jugendschutz als auch Wirkungsforschung müssen sich von der Vorstellung lösen, dass Gewalt in Computerspielen mit 'realer' oder filmischer Gewalt vergleichbar sei. Denn als Quintessenz der Arbeit lässt sich festhalten, dass Gewalt in Computerspielen zwar ein wesentliches und vielgenutztes Element ist, welches jedoch einen von filmischer oder 'realer' Gewalt vollkommen verschiedenen Sinn für die Nutzer hat. Virtuelle Gewalt wird wettbewerbsähnlich sowie zumeist empathiefrei und rein funktionalistisch wahrgenommen und genutzt, nicht als Mittel der Schädigung im Sinne eines Täter-Opfer-Verhältnisses."

Aus der verkorksten Logik des Chef des Landesverbands der Polizeigewerkschaft im Beamtenbund folgt schlussendlich: "'Die Welt wird nicht ärmer, wenn es keine Killerspiel mehr gibt."

Verbotsgesellschaft Deutschland?
Der Jugendschutz in Deutschland steht zumindest auf dem Papier. Das scheint, wie oben erläutert, gerade die Polizei zu wissen. Doch sind Verbote Präventivmaßnahmen oder können sie nicht sogar dazu verführen, sie zu übergehen? Wo besteht ansonsten noch der Reiz, der Kick? Damit entsteht die Frage: Wie gut greifen die Verbote in unserer Gesellschaft?

Wie der Webseite der früheren freiwilligen Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle (USK) zu entnehmen ist, hat die Bundesrepublik Deutschland "weltweit die verbindlichsten Regeln bei der Prüfung und beim Verkauf von Computerspielen." Doch auch so ähnlich wirbt die Bundesregierung für das deutsche Waffengesetz: "Deutschland hat im europäischen Vergleich eines der strengsten Waffengesetze." Demnach heißen diese Werbesätze natürlich erstmal gar nichts, denn selbst das strengste Gesetz muss nicht richtig sein, egal ob es zu streng oder immer noch zu lasch ist.

Schon im Jahr 2007 kam die Debatte zu den Killerspielen hoch. Dabei haben laut Heise Online vor allem Bayerns Innenminister Günther Beckstein, sein niedersächsischer Kollege Uwe Schünemann sowie der Kriminologe Christian Pfeiffer gegen die USK gewettert. In Deutschland "'würden blutrünstige Spiele für Jugendliche freigegeben, lauteten die Vorwürfe'. Die USK wies dies als Verleumdung zurück und sprach von einer Kampagne gegen die Organisation.

Verbot sollen natürlich als Prävention dienen, doch gerade die Debatte um die Richtigkeit von Verboten rund um die USK zeigt, wie subjektiv eine solche Einordnung sein kann. Internetseiten, die sich mit Gewaltspielen beschäftigen, müssen in Deutschland für die Jugend das System der USK eingliedern und tun das auch ohne hörbares Murren. Doch mit dem Jugendschutz sind erste Veränderungen schon spürbar. So bekam NexGam das Gesetz zu spüren. Trailer und Screenshots mit extreme Gewaltdarstellungen werden nun auf dieser Seite nicht mehr zu sehen sein. Damit kann wohl jeder leben, schließlich gibt es noch die ausländischen Seiten um vollständig über seine Lieblingsspiele informiert zu werden. Das der Arm des Jugendschutzes eben nicht sehr lang ist, zeigt Shooterplanet. Für einige Tage stand die Seite still und nur ein Shooterplanet Logo, das von einem Logo mit der Aufschrift Deutscher Jugendschutz überdeckt war, ging mit einer kurzem Meldung einher. Doch jetzt hat sich die Seite in die Schweiz abgesetzt. So oder so ähnlich könnte es der gesamten deutschen Spieleindustrie bei einer Verschärfung der Gesetze gehen. Verständlich wäre dies, wenn es Argumente dazu gäbe, die Sinn ergeben. Doch stichhaltige Argumente fehlen seit eh und je.

Das der Jugendschutz sinnvoll ist, das will keiner bestreiten, doch Argumente dafür, dass eine noch größere Handlungsbefugnis nicht notwendig ist, liefert Jugendschutz.net selbst:

"Direkte Wirkungen in dem Sinne, dass ein Spieler nach einem blutrünstigen Deathmatch mit der Pumpgun auf die Straße läuft und dort wahllos alles abschlachtet, sind nicht nachweisbar. Computerspiele schaffen keine neuen Einstellungen und Handlungsbereitschaften, vorhandene Dispositionen werden aber stabilisiert und verstärkt."

Das eigentliche Verbot scheint aus einer Motivsuche zu folgen, damit die Gesellschaft endlich Ruhe gibt, ein Pseudomotiv muss her. Überspitzt gesehen kann dies ausarten: So wird alles und jedem etwas verboten, in der Hoffnung, dass keiner mehr irgendetwas tut, denn dann kann schließlich auch nichts passieren.

Was sagt die Waffenlobby zu dem Amoklauf?
In Deutschland sind laut Futurezone ca. zehn Millionen legale Waffen und rund 20 Millionen illegale Waffen im Umlauf. Das ist eine Vorinformation, die wahrscheinlich nicht jedem bekannt ist, wenn es um das Thema Waffen geht. Viel mehr ist wohl in Erinnerung, dass sich gerade Wolfgang Schäuble sehr für das Thema Waffen begeistert.

Ein distanzierter Beobachter könnte zu der Meinung gelangen, dass Wolfgang Schäuble (CDU), unser Bundesminister des Innern der Sorte Mensch angehört, die als Grundrecht des Menschen das Tragen einer Waffe sehen. Doch so weit möchte ich nicht gehen. Zumindest hat er Anlass zu einigen Zitaten bei Wikiquote gegeben. Eines davon mag eventuell sein Menschenbild reflektieren: "'Im Grunde sind alle Menschen behindert, der Vorzug von uns Behinderten allerdings ist, dass wir es wissen.' - über sein Leben im Rollstuhl, Focus Nr. 12/2006." Doch genug vom Menschen Schäuble, kommen wir zu den Themen die uns interessieren. Die Aussagen von Schäuble zum Thema Gewaltspiele und Waffen.

Noch im Jahr 2007 als die Debatte rund um Killerspiele aktuell war, wie oben durch den Beitrag zur USK erläutert, wollte Wolfang Schäuble das Waffengesetz lockern und das Mindestalter für großkalibrige Waffen wieder auf 18 Jahren senken, das erst durch Erfurt auf 21 Jahre angehoben wurde. Da war der Minister wohl zu voreilig und jetzt scheint sein Vorhaben komplett den Bach runter zu gehen.

Auf die kurze Formel "Waffen Ja, Killerspiele Nein", könnte man die abwegige Logik des Herr Wolfgang Schäuble zum Thema Gewaltspiele und Waffen bringen. So berichtet die Mediengruppe Opinio vom Video-Livechat von tagesschau.de, in dem er sich gegen weitere Beschränkungen der Waffengesetze aussprach und "Killerspiele" als zu verbieten ansieht. Der Autor Tauri, von der genannten Webseite hat es auf den Punkt gebracht: "Warum eines eine Einschränkung der Freiheit darstellen würde, das andere jedoch nicht, beantwortete Schäuble nicht. Genauso wenig wie die Frage, was die Vorratsdatenspeicherung bislang gebracht habe. Das wisse er nicht einmal."

Wie der Spiegel berichtete, scheiterte "die Forderung, Waffen in Privatwohnungen komplett zu verbieten" an der Schützen-Lobby. So haben die Beileidsbekundungen der Waffenlobby, unter Anderem vertreten durch das Forum Waffenrecht einen bleiernen Beigeschmack. Natürlich wollen auch sie nicht vorverurteilt werden, sie wollen nicht das per Induktion von einem Einzelfall auf die Allgemeinheit geschlossen wird: "Schützen und Jäger sind verantwortungsbewusste und staatsloyale Bürger. Sie jetzt wegen des Fehlverhaltens eines Einzelnen generell an den Pranger zu stellen, wäre grundsätzlich falsch." Auch das wollen wir Spieler nicht. Doch muss sich der vernünftige Bürger nicht fragen, warum ein staatsloyaler Bürger eine Waffe im eigenen Haus braucht?

Doch es gibt auch Politiker, die die Schusswaffen als Problem sehen. So forderte unter Anderem die Bundesvorsitzende der Partei Bündnis 90/Die Grünen, Claudia Benedikta Roth laut Deutschland Radio ein komplettes Waffenverbot für Privathaushalte. Mein Lösungsvorschlag wäre die Lagerung der Waffen bei der Bundeswehr und den Umzug der Schützenvereine in deutsches Bundeswehrgelände. So könnten die Waffen abgegeben werden und müssten nicht nach Hause genommen werden. Damit gäbe es auch immer Soldaten, die auf die Waffen aufpassen könnten, damit das Waffenlager nicht zum Anziehungspunkt für organisierte Banden wird.

Ein Kommentar bei der Welt hat es nach dem Amoklauf in Alabama, der fast zur selben Zeit wie der Amoklauf von Winnenden stattfand, wie folgt auf den Punkt gebracht: "Nicht Menschen töten Menschen - sondern Kugeln und Explosionen töten Menschen."

KommentareInhalt:Kommentare

Laslo_die_Ente23.03.09 19:57
Sehr guter Artikel, mein Respekt. Weiter so!
Seb6624.03.09 08:30
Schließe mich da Laslo_die_Ente an. Ein sehr sehr guter Artikel. Respekt.
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Erstellt von Pencil
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