Bear With Me
„Bear with me“ ist bereits in drei Episoden erschienen, die erste hatte ihre Veröffentlichung im August 2016. Doch seit dem 9. Juli 2019 lässt sich das episodische Noir-Abenteuer in der Collectors-Edition auch auf den großen Konsolen spielen und hofft dadurch auf einen größeren Bekanntheitsgrad. Wie gut harmoniert das Vorbild des Film Noir mit der Spielmechanik des Point&Click und kann sich das PC-geläufige Genre auch auf den Konsolen beweisen?
Die Tiefen des Film Noir
Die Geschichte dreht sich um die zehnjährige Amber und ihrem Begleiter, den pensionierten Privatdetektiv Ted E. Bear. Nach einem schlimmen Alptraum erwacht Amber und stellt fest, dass ihr Bruder Flint verschwunden ist. Sie macht sich mit ihrem chronisch schlecht gelaunten und zynischen Begleiter auf die Suche. Währenddessen versetzt ein mysteriöser „Roter Mann“ die Stadt Paper City in Angst und Schrecken. Amber und Ted geraten immer tiefer in die dunklen Geheimnisse von Paper City und vermuten einen Zusammenhang zwischen dem Verschwinden von Flint und dem „Roten Mann“, der die junge Amber in sein Visier genommen hat.
Die erzählte Geschichte orientiert sich deutlich an den literarischen Vorlagen der Hardboiled-Krimis, welche für die Entstehung des Film Noir eine bedeutende Mitverantwortung haben. „Bear with me“ arbeitet jedoch vielmehr im Sinne des Neo-Noir und nutzt die bekannten Erzählmuster des Film Noir um diese neu zusammenzusetzen. So wird im Kern eine klassische Kriminalgeschichte erzählt, jedoch bringen ausgefallene Charaktere und die vermeintliche kindlich gehaltene Nutzung von Kuscheltieren als Spielfiguren frischen, humoristischen Wind in die Geschichte. Die erste der drei Episoden hat dabei leider ein wenig mit dem Pacing der Erzählung zu kämpfen und somit tut sich schwer, einen zugänglichen Einstieg in die Geschichte zu ermöglichen. Das grundlegend langsame Erzähltempo steht dem unbeschwerten Spieleinstieg zusätzlich im Weg.
Jedoch schafft es „Bear with me“ mit den beiden folgenden Episoden die Geschichte spannender, zugänglicher und immersiver zu gestalten. Das liegt unter anderem daran, dass der Spieler immer häufiger die Möglichkeit bekommt, in die Rolle von dem Privatdetektiv Ted zu schlüpfen. Dieser glänzt im Vergleich zur eher blassen Amber mit sarkastischen, zynischen Wortwitz und gibt den Dialogsequenzen die nötige Coolness. „Bear with me“ macht schnell klar, dass es sich nicht wie anfangs vermutet um ein Spiel für die jüngere Zielgruppe handelt. Manche Witze fallen recht derbe aus, was keinesfalls deren Qualität beeinflusst, für ein junges Publikum hingegen werden die sarkastischen Bemerkungen von Ted das Humorverständnis sprengen. Ältere Spieler dürfen sich jedoch mit Ted E. Bear auf einen witzigen und pointierten Charakter freuen, der das Geschehen oftmals ironisch bricht und auflockert.
So braucht „Bear with me“ etwas Zeit, um sich geschichtlich voll zu entfalten, jedoch wird die anfängliche Geduldsprobe belohnt, denn insgesamt gestaltet sich die Story als ein rundes und spannendes Gesamtkonzept, das mit der dritten und letzten Episode seinen (logischen) Höhepunkt erreicht.
Alles beim Alten
Bezüglich des Gameplays darf keine Neuerfindung des Genres erwartet werden. „Bear with me“ bleibt seinem Genrenamen treu, das Point&Click Prinzip wird in reinster Manier genutzt und bietet die damit einhergehenden Stärken. Jeder Raum wird bis zum letzten Detail erkundet, wodurch das Spiel seine gesamte Wirkung und Detailverliebtheit entfalten kann. Die vielen kleinen Anmerkungen, die vor allem Ted E. Bear zu den untersuchten Objekten kundtut, sorgen für einen hohen Unterhaltungsfaktor. Leider aber gestaltet sich das Point&Click Prinzip auf der Konsole etwas holprig: Es dauert verhältnismäßig lange, um neue Objekte auszuwählen, zumal die entsprechende Spielfigur oftmals zu den ausgewählten Objekten laufen muss, um eine Aussage zu treffen oder eine Aktion auszuführen. Dadurch nimmt sich „Bear with me“ einem sehr langsamen und behutsamen Erzähltempo an. Natürlich kann das gemäßigte Spieltempo vielmehr positive Auswirkungen auf den Gesamteindruck nehmen, da sich das Rätselraten und Kombinieren von Objekten für manche Spieler als Entspannungstherapie anbietet, leider aber kommt es immer wieder zu Momenten, in denen sich das Spiel unnötig in die Länge zieht und eine entsprechend strapazierfähige Spielergemeinde voraussetzt.
Ähnlich verhält es sich bei den bereits angerissenen und genretypischen Rätseln und Puzzeln. Hier lassen sich große Unterschiede bezüglich des Schwierigkeitsgrades der Rätsel feststellen. Größtenteils ergibt sich die Lösung nach kurzer Überlegungszeit, jedoch kommt es zwischendurch immer wieder zu einzelnen Rätselpassagen, die einen weitaus härteren Schwierigkeitsgrad aufweisen und in teilweise frustrierenden Trial & Error-Momenten münden. Dadurch schwindet auch die Spielmotivation, was jedoch durch die witzigen Charaktere und interessante Story die meiste Zeit aufgefangen werden kann. Bei den benutzbaren Objekten gibt das Spiel insgesamt recht wenig Feedback und Hilfestellung. So muss schon beim Aufsammeln auf die kleinen Informationen geachtet werden, welche die Spielfiguren preisgeben. Ansonsten lässt sich hinsichtlich des Gameplays wenig anmerken, der Fokus liegt deutlich auf den inhaltlichen Gesichtspunkten.
Tierisch gute Atmosphäre
Auf grafischer Ebene kommt der Noir-Aspekt am deutlichsten zum Vorschein: Die schwarz-weiß Optik sorgt für eine spannende und dichte Atmosphäre, in der auch gelegentliche Horror-Elemente ihren Platz finden. Die Schauplätze entwerfen ein schönes Gesamtbild von Paper City, hier dürfen auch die klassischen Noir-Orte nicht fehlen. Seien zwielichtige Spelunken, düstere Seitengassen oder Jazz-Bars - gepaart mit den größtenteils ausgefallenen Charakteren sorgt die Spielwelt für jede Menge Unterhaltung. Leider aber zeigt sich im allgemeinen Charakterdesign ein großes Gefälle. Die Tierfiguren können zwar aufgrund der kreativen Umsetzung überzeugen, die menschlichen Spielfiguren hingegen gestalten sich als recht eintönig und langweilig. Wie schon bei den beiden Hauptfiguren sorgt dieser Qualitätsunterschied für gelegentliche Motivationsverluste und Längen im Spielgeschehen, glücklicherweise bekommt man es auf seiner Suche jedoch häufiger mit tierischen Figuren zu tun. Die Atmosphäre hingegen kann aufgrund der bereits angesprochenen optischen Aufmachung und dem tollen Soundtrack überzeugen. Auch die Synchronisierung agiert auf hohem Niveau und verleiht vor allem der Figur Ted E. Bear Persönlichkeit und Sprachwitz. Insgesamt bietet „Bear with me“ einen erfrischenden Gesamtlook, mit kleineren Schwächen im Charakterdesign. Innovativ ist die Noir-Inspiration aber allemal. Und Film Noir-Fans dürfen sich darüber hinaus auf jede Menge Anspielungen freuen, die vor allem das Filmliebhaberherz höherschlagen lassen.
Erfahre hier, wie der Titel in unserer Wertung abgeschlossen hat.
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Erstellt von Rufus
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Kategorie:
Test
Veröffentlicht
Aktualisiert
14. 08. 2019 um 17:59
28. 08. 2019 um 15:19
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