Schwing dein Ding
Bionic Commando - Article - Schwing dein Ding
Bionic Commando
12.06.09 23:53 Test
Bionic Commando überträgt das Schwingen und Schießen aus der 8-Bit-Originalversion des NES-Klassikers in die heutige Zeit und verspricht neue Maßstäbe für 3D-Action.
Im Vorfeld der Veröffentlichung von Bionic Commando beschränkte man sich größtenteils auf zwei Sachen, um diesen Titel anzupreisen. Erstens wurde der Retro-Faktor hervorgehoben, was auf den gleichnamigen Spiel aus den 80er Jahren beruht. Zweitens dürfte natürlich der Greifarm, der hier ein zentrales Spielelement darstellt, nirgends unerwähnt bleiben. Da mir persönlich die Retrowelle am Allerwertesten vorbeigeht und sich obendrein schon so mancher mit einem zentral in Szene gesetzten Element mächtig in die Nesseln gesetzt hat, stand ich dem Spiel anfangs eher skeptisch gegenüber. Was wenn die Entwickler nur auf den Erfolg des Vorgängers vertrauen und der angepriesene High-Tech-Greifarm in Sachen Steuerung auf ganzer Linie versagt?

Kuck mal, wer da spricht
Wie es sich für ein waschechtes Actionspiel gehört, wird euch auch in Bionic Commando eine recht überschaubare Story präsentiert. Was jetzt aber nicht negativ gemeint ist, legt man als Fan dieses Genres doch in erster Linie allergrößten Wert auf pausenlose Unterhaltung, fordernde Bosskämpfe und kinoreife Inszenierungen, als auf einer verzweigten Handlung. Die Hauptrolle in dieser Neuauflage des Actionstreifens übernimmt dieses Mal der Protagonist Nathan Spencer, gesprochen vom ehemaligen Faith No More - Sänger Mike Patton. Dessen Stimme werdet ihr übrigens auch in der deutschen Fassung des Spiels, unterlegt mit deutschen Untertiteln, zu hören bekommen. Somit hat man sich zwar die Kosten einer speziellen Vertonung erspart, drosselt aber gleichzeitig für alle, die des Englischen nicht allzu mächtig sind, das Spieltempo. Sämtliche Anweisungen erhaltet ihr während des Spielverlaufs ausschließlich per Funkkontakt sowie den besagten Untertiteln. Und diese werden euch nicht selten mitten im Kampf oder bei waghalsigen Schwing- und Kletterpassagen übermittelt. In diesen Momenten heißt es dann entweder euer Multitasking-Talent abzurufen oder einen Gang zurück zu schalten.



Zurück zur Story. Zehn Jahre nach seinem heldenhaften und gefeierten Einsatz beim Kampf gegen die Truppen des Imperiums im Originalspiel wendet sich die Stimmung der Menschen plötzlich gegen die bionischen Kampfsoldaten. Nicht mehr gebraucht und mit nicht einzuschätzenden Kräften ausgestattet, möchte man sich dieser nun einfach entledigen. Daher verurteilt Sie die Regierung kurzerhand - für nicht begangene Verbrechen - zum Tode. Am Tag der letzten Urteilsvollstreckung, die sich den letzten verbliebenen Soldaten (Nathan) widmen soll, legen zufälligerweise Terroristen die fiktive Stadt Ascension City in Schutt und Asche. Und wer soll sich diesen jetzt wohl gegenüber stellen? Richtig...unser High-Tech-Held Spencer.

Spencer...ist wieder da
Nach der einführenden Videosequenz, in der sich Nathan einen Schlagabtausch mit seinem ehemaligen Vorgesetzten liefert, geht es endlich los. Eingepfercht in einer speziellen Kapsel wird unser Held via Kampfjet als Geschoss in den erstbesten Wolkenkratzer von Ascension City gefeuert. Die ungemütliche Reise hat er aber nicht allein angetreten. Ein Stück weiter, schlägt ein zweites Geschoss ein. Dessen Inhalt: Sein bestes Stück. Nein, nicht was ihr jetzt wieder denkt. In diesem befindet sich Nathans BioArm. Bis hierher war er aus Sicherheitsgründen (h)armlos unterwegs. Dies wird auch noch die nächsten Minuten so bleiben. Um nicht mehr armlos arm dran zu sein, muss ich mich jetzt erstmal durch einige Etagen des Gebäudes vorarbeiten. Wie erwartet, begegnen mir auch gleich die ersten Schießbudenfiguren. Jene lassen sich am besten als eine Mischung aus Müllmann mit Hang zum tragen von Gasmasken beschreiben. Auf der Suche nach meinen fehlenden High-Tech-Arm, versucht mich auch gleich ein Dutzend dieser Fußsoldaten aufzuhalten, was aber keinen große Hürde darstellt. Somit gelange ich recht schnell zu der dringend benötigten zweiten Kapsel.



Eine nun eingespielte Sequenz zeigt, wie Nathan sich der schmerzhaften Prozedur des "Arm-ran-setzens" unterzieht und dabei zu Boden geht. Der freudigen Erwartung, nach dieser Szene nun endlich meine erste Schwingertour hinlegen zu dürfen, folgt jedoch zugleich eine Ernüchterung. Bevor mich die Entwickler auf die Terrorbrut loslassen, heißt es erst einmal sich im nun folgenden und im Spiel integrierten Tutorial als würdig zu erweisen. Was sich nach den ersten Übungsminuten auch als zwingend notwendig herausstellt. Schön sieht die Übungsarena zwar nicht aus, sie erfüllt aber bestens seinen Zweck. Hier könnt ihr euch nach belieben von Vorsprung zu Vorsprung schwingen und euch mit den Funktionen eures Greifarms vertraut machen. Einige dieser hier schon vorgestellten speziellen Features erlangt ihr aber erst im späteren Verlauf des Spiels.



Ich Tarzan, Du Feind
Nach diesem doch recht fad gestalteten Testlevel, merkt man im darauf folgenden erneuten Einstieg ins Spiel, wie gut die Grafik des Spiels doch eigentlich ist. Sich wie Tarzan durch die Häuserschluchten der hervorragend in Szene gesetzten zerstörten Stadt zu hangeln, macht recht ordentlich was her. Auch der von mir anfänglich erwartete Frustfaktor hält sich in Grenzen. Habt ihr euch erstmal ein bis zwei Stunden mit dem Spiel beschäftigt, fällt euch die Fortbewegung mittels Greifarm immer leichter. Wo ihr diesen zum Einsatz bringen könnt, wird euch jederzeit durch ein entsprechendes Symbol eingeblendet. Anders sieht es da schon in Sachen Wegfindung und Bosskämpfe aus. Trotz der sehr linear gestalteten Levels, werdet ihr garantiert nicht immer gleich den zu beschreitenden Weg finden. Mehr als einmal stand ich vor Abgründen und Schluchten und grübelte, wie ich zum nächsten Wegpunkt gelangen kann. Und bei Kämpfen werdet ihr ziemlich bald merken, das diese sich nicht durch den bloßen Einsatz diverser Schießprügel entscheiden lassen. Hier möchten die Entwickler, dass ihr möglichst auf das zentrale Spielelement zurückgreift. Euer Bioarm ist ehrlich gesagt auch meist das effektivere Mittel, als alles andere was ihr im Waffenarsenal vorfindet. Mal von der Sniper abgesehen, kostet euch das Ausschalten einfacher Gegner im Regelfall mal eben gut 10 Schuss. Und das, wo Munition in den Strassen von Ascension City nicht gerade so großzügig verteilt worden ist, wie Hundekot in einigen Vierteln der deutschen Hauptstadt.

Als Speicherpunkte dienen euch in Bionic Commando so genannte Relays, an denen ihr euch mit eurem Greifarm reinhacken müsst und nebenbei zumeist diverse Minenfelder deaktiviert. Diese Felder gehören zu den frustigen Passagen des Spiels, da sich jene immer über einen längeren Weg erstrecken. Apropo längere Wege bzw. Strecken. Neben dem Schwingen mittels Greifarm besitzt Held Spencer noch eine weitere erwähnenswerte Eigenschaft. So kann er auch in bester Assassins Creed Manier im freien Fall weite Strecken überbrücken. Befindet ihr euch beispielsweise auf einem Hochhaus und wollt auf das Dach oder an die Wand eines weiter entfernten und kleineren Gebäudes gelangen, nehmt einfach Anlauf und stürzt euch in die Tiefe. Euer Bioarm wird euch - in den meisten Fällen jedenfalls - in letzter Sekunde retten. Das ist also nichts für Spieler mit leichter Neigung zur Höhenangst.



Auf den Kopf gefallen
Nach diesen ansehnlichen Paraden nun zu jenen, die man nicht so gerne zu Gesicht bekommt. Wie zum Beispiel den unfreiwillig komischen Fall vom Dach. Hielt ich die Gegner-KI, in erster Linie die des Fußvolkes, anfangs noch für recht clever, wünschte ich mir nach einigen Stunden doch hin und wieder gern ein Knäckebrot als Gegner. Während sich der Feind in bodennähe noch recht wacker hält, sieht es in etwas luftiger Höhe schon ganz anders aus. Dort kann es schon mal vorkommen, dass sich euer Gegenpart von selbst entschärft und einfach mal das Ende der Dachkante übersieht. Irgendwie recht lustig anzusehen, aber andererseits auch wieder nicht. Wer möchte schon ein Actionspiel mit Gegnern, die keinerlei Gegenwehr leisten und sich stattdessen für den Freitod entscheiden? Zum Glück gibt es aber auch noch andere Feinde wie etwa den BioMechs, die sich fürsorglicher um euer "Wohlergehen" kümmern.

Auch beim Multiplayer-Modus bekleckern sich die Entwickler nicht gerade mit Ruhm und bieten nur die drei Spielmodi Deatmatch, Team-Deathmatch und Capture the Flag für bis zu acht Spieler an. Dieser dürfte dank Microsofts "Mehrspieler bittet zur Kasse"-Politik aber eh nur die zweite Geige spielen. Im Singleplayer könnt ihr euch übrigens auf mindestens zehn Stunden Spielspaß freuen.

Fazit
Operation gelungen, Potenzial nicht ausgeschöpft. Mit diesem einfachen und kurzen Satz lässt sich mein Eindruck zu Bionic Commando wohl am besten beschreiben. Der High-Tech-Arm als zentrales Spielelement und die opulente Grafik lassen nur wenig Wünsche offen. Ebenso wie die leicht zu handhabende Steuerung und der Umfang des Spiels. Vielleicht bin ich schon etwas verwöhnt, aber irgendwie vermisse ich hier aber eine kinoreifere Inszenierung. Wo sind die actionreichen Videosequenzen, Bullet(Arm)-Time-Effekte und coolen Kombos? Vermutlich sind sie den Arbeiten am zentralen Spielelement zum Opfer gefallen.
Aber auch ohne diese Features ist Bionic Commando immer noch ein empfehlenswertes Actionspiel.
Erfahre hier, wie der Titel in unserer Wertung abgeschlossen hat.

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Erstellt von LidoKain
Zuletzt online: 8 Jahre 8 Monate
Kategorie:
Test
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Aktualisiert
12. 06. 2009 um 23:53
12. 06. 2009 um 23:53
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