Ist der Nachfolger nur schmackhafte Schonkost, oder doch mehr?
Dragon Age 2 - Article - Ist der Nachfolger nur schmackhafte Schonkost, oder doch mehr?
Dragon Age 2
22.05.11 13:48 Test
Mit Dragon Age: Origins und der Erweiterung Awakening, konnte seinerzeit BioWare den Spieler noch mit einem großartigen und anspruchsvollen Action-Rollenspiel überzeugen. Nun ist Dragon Age 2 da und ...
Die Ankündigung von Dragon Age 2 war sicherlich keine große Überraschung, war doch der Vorgänger und das Addon Awakening ein voller Erfolg für alle anspruchsvollen Rollenspieler auf diesem Planeten. Um so größer war dann auch die Vorfreude, sich wieder in Ferelden, um diverse Schwierigkeiten kümmern zu dürfen.


BioWare kündigte uns eine eigene Geschichte an, wobei diesmal unser Held einen festen Namen Hawke und sogar eine eigene Stimme bekommen soll. So starten wir zu beginn mit Mutter und Schwester flüchtend vor der Dämonenbrut, um schließlich mit der Stadt Kirkwall einen sicheren Unterschlupf zu finden. Hier ist die Welt noch in Ordnung, frei von Verderbnis und all den undankbaren Kreaturen, die nur nach dem Leben trachten.
Noch unbedeutend und geächtet müssen wir uns erst einmal einen Namen machen, zudem ist unserer Familie durch diverse Intrigen Haus und Hof genommen worden.

Der Entwickler BioWare ist dafür bekannt, gute Geschichten erzählen zu können. So erleben wir in Dragon Age 2 jede Menge des klassischen Fantasy-Stoffes. Von politischen Intrigen, Mord, Magie über Familienstreitigkeiten bis hin zu Monstern, Drachen, Elfen und Zwergen. Ich Verlaufe des Spiels werden wir so von einem Ort zum nächsten delegiert, lösen brav alle Probleme und müssen dabei oft moralische Entscheidungen treffen. So können wir zwischen einer friedlichen, neutralen oder aber auch aggressiven Lösung wählen. Je nach Gemüt das Spielers, kommen dadurch unterschiedliche Wege zustande. Allerdings ist es bei bestimmten Situationen auch so, dass die Auswirkung der einzelnen Antworten am Ende doch zur gleichen Konsequenz führen, wie zum Beispiel im Kampf gegen den Qunari Anführer Arishok. Den müssen wir einfach umhauen, welcher sich allerdings als äußerst harte Nuss herausgestellt hat.

Mittlerweile typisch für Dragon Age ist die Art und Weise wie BioWare uns die Geschichten erleben lässt. So besteht eine gute Hälfte des Spiels aus teils sehr guten Zwischensequenzen, die unserer Meinung nach aber zu häufig eingesetzt werden. Aber eine gute Geschichte braucht weit mehr, um beim Spieler eine emotionale Regung auszulösen. Da sich der Entwickler in puncto Charaktere, Story und Sprachausgabe kaum etwas vorzuwerfen hat, denn diese sind teils besser, aber auf jeden Fall auf Augenhöhe mit dem ersten Teil, müssen wir an anderer Stelle Ausschau halten, nach dem für und wieder. Die in Rückblenden erzählte Geschichte, um den Champion von Kirkwall, gibt aber auch genug Anlass zur Kritik. Als erstes sollten wir vielleicht unterscheiden, dass es sich um Dragon Age 2 nicht unbedingt um eine reine Fortsetzung handelt. Denn Rollenspieler konnten mit Teil Eins erleben, wie man ein Action-Rollenspiel präsentiert. Komplexe Rollenspielmechaniken, knackige Bosskämpfe und eben eine grandiose Kulisse.

Wer jetzt glaubt das Dragon Age 2 genau dort weiter macht, wo das Addon endete, sollte sich schnell eine andere Erwartung vom Spiel verschaffen. BioWare hat in seinem aktuellen Titel so ziemlich alles über Board geworfen, was für richtige Rollenspieler wichtig ist. Die einstigen schlauchartigen Levelabschnitte sind nun noch schlauchartiger. Zudem kommt hinzu, dass sich hier keine Mühe bei der Gestaltung der Umgebung gegeben wurde. Wie mit einem Baukastensystem zusammen geklickt, wirkt die gesamte Umgebung langweilig, steril ja geradezu todbringend öde. Immer und immer wieder kehren wir zu den gleichen Höhlen, Außenarealen und Umgebungen zurück, nur die Bezeichnungen haben sich geändert. Auch wenn Dragon Age 2 immer noch verdammt gut aussieht, sind wir doch mittlerweile durchaus besseres gewöhnt.


Auch in der einzigen Stadt Kirkwall schlägt uns die gleiche Lustlosigkeit entgegen. Viele platzierte NPC´s haben kein eigenes Leben, wären sie aus Stein würden sie irgendwie noch eine Daseinsberechtigung haben, so sind sie einfach nur überflüssig, da man sie weder ansprechen noch angreifen kann. Das Ganze ist so leblos, dass selbst in einer mittelalterlichen Stadt wie Kirkwall, die dort normalerweise lebenden Kleintiere, ihren Stock samt Hut geschnappt haben, um sich einen besseren Ort zu suchen. Denn diese suchen wir vergebens in der neuen Heimatstadt des Champions, wie auch sonst im gesamten Spiel.

Die Gruppengestaltung ist wie aus Teil Eins, nur einen gemeinsamen Sammelplatz gibt es nicht mehr. Jetzt gibt es feste Plätze, wie zum Beispiel beim Verlassen eines Gebäudes oder an strategisch wichtigen Punkten, wo dann eine Art Briefkasten zu finden ist, wo wir eine neue Gruppenkonstellation zusammen stellen können. Die Gespräche zwischen unseren einzelnen Begleitern sind auch wieder mit dabei, allerdings erreichen sie zu keiner Zeit den Witz und die provozierenden Nettigkeiten, wie noch aus Dragon Age Origins. Um mit dem ein oder anderen anzubendeln oder vertiefende Gespräche zu führen, müssen wir diesen in seiner Behausung aufsuchen. Das ist im Grunde auch etwas besser gelöst als zuvor.
Insgesamt ist aber auch hier gespart worden, was eine wirkliche Tiefe zu den Charakteren kaum zulässt.


Der Trend zur Oberflächlichkeit setzt sich auch im Crafting-System fort. Hier wurde nicht unbedingt großartig gespart, aber vieles einfacher gemacht. So können wir wie im Vorgänger auch, Tränke brauen sowie Gifte und Runen herstellen. Allerdings brauchen wir dazu die benötigten Zutaten nur einmal entdecken. Mit dem entsprechenden Rezept in der Tasche fallen so nur noch Goldkosten an. Aber wen wundert es auch, sind doch in Ferelden sowieso keine Kräuter oder sonstige Dinge für Magie zum Beispiel auszumachen. Hier und da ist dann mal eine Pflanze platziert, dass war es dann aber auch schon.

Derjenige, der sich schon an dieser "Ich brauch nix selber machen" Mentalität gewöhnt hat, findet zum Beispiel für seine Gruppenmitglieder einen Button für den automatischen Stufenaufstieg. Was wiederum auch Sinn macht, haben doch alle Charaktere außer Hawke, keine wirkliche eigene Ausrüstung. Also warum sich dann noch großartig mit ihnen auseinander setzen. Alle anderen, die sich vielleicht doch die Zeit nehmen wollen, um das Skillsystem optimal ausnutzen zu können, werden aber auch hier eine Entschlackung vorfinden. So gibt es nur noch fest vorgegebene Talentgruppen und diverse Einschränkungen für unsere Begleiter. So darf unter anderem Kriegerin Aveline, die im späteren Verlauf zur Anführerin der Stadtwache avanciert, nur Einhandschwert plus Schild tragen. Hawke dagegen darf immerhin noch aus zwei Waffengattungen auswählen.


Was bleibt nun am Ende übrig von dem einst so genialen Rollenspiel oder besser Action-Rollenspiel. Dragon Age 2 darf sich trotz aller negativen Aufzählungen immer noch zu eines der besten Actionspiele zählen, die sogar noch etwas Rollenspielanteil mitbringen. Wie immer man die Entwicklung betrachtet, sollten nun Einsteiger zuerst Dragon Age 2 spielen, um dann gefestigt in den Vorgänger einzusteigen? Oder sich erst durch Teil Eins kämpfen, um dann enttäuscht einen eher belanglosen Nachfolger abzuarbeiten.
Wir können am Ende nur sagen, das Spiel macht Laune und ist auf einem extrem guten Niveau, was Grafik, Steuerung, wobei hier immer noch Angriff und Positionswechsel auf der rechten Maustaste liegen, was den einen oder anderen sicher sauer aufstoßen wird, anbelangt. Die deutsche Sprachausgabe ist weitestgehend großartig und war ja auch schon immer vorzeigewürdig. Die gesamte Spielzeit geht auch völlig in Ordnung, wenn wir Preis-Leistung vergleichen. Wer sich wirklich Zeit nimmt, dürfte mehr als 40 bis 50 Stunden beschäftigt sein. Wären da nicht die immer und immer gleichen Umgebungen, die lustlose Gestaltung der Gebäude und Höhlen und die völlig phlegmatischen Bewohner, hätte Dragon Age 2 ein würdiger Nachfolger werden können. So bleibt es nur ein Schonkost-Produkt, das aber lecker schmeckt.
Erfahre hier, wie der Titel in unserer Wertung abgeschlossen hat.

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Erstellt von nilius
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22. 05. 2011 um 13:48
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