Eine surreale Zeitreise
Lilly Looking Through - Article - Eine surreale Zeitreise
Lilly Looking Through
14.12.13 00:52 Test
Danke Kickstarter! Denn ein solch kunstvolles und metaphernreiches Spiel wie „Lilly Looking Through“ hätte ohne die Crowdfunding Plattform vermutlich nie das Licht der Welt erblickt. Warum ihr de ...
Im letzten Jahr wurde die eigenwillige Adventure-Vision rund um die Abenteuer eines kleinen Mädchens via Kickstarter zum ersten Mal präsentiert und stieß dabei auf jede Menge offene Ohren. Das kunstvolle Artdesign, die niedliche Hauptfigur und nicht zuletzt die originelle „Zeitreisebrille-Grundidee“ sorgten dafür, dass der Titel das angestrebte Budget schnell erreichte und anschließend produziert werden konnte. Gott sei Dank! Schließlich gehört das Werk zu den philosophischsten und inhaltlich erstaunlichsten Vertretern des Genres überhaupt. Darüber hinaus kommt es angenehm experimentell daher – echte (Videospiel-)Kunst eben. Der einzige Wermutstropfen: Gespielt wird in diesem Spiel aufgrund der künstlerischen Ambitionen im Grunde nur sehr wenig. „Lilly Looking Through“ muss deswegen eher „erlebt“, als „gespielt“ werden. Nichtsdestotrotz haben sich auch einige echte Kopfnüsse mit in das Spiel gemogelt, die es erst einmal zu lösen gilt.

Story
Der Bruder eines kleinen Mädchens fliegt mit einem mysteriösen roten Schal davon und muss daher gerettet werden. Auf dem abenteuerlichen Weg, den das Mädchen namens Lilly nun bestreiten muss, wird sie mit allerhand Hindernissen und Rätseln konfrontiert, die sie mithilfe einer magischen Brille lösen kann. Denn Letztere ermöglicht es ihr, die Zeitdimensionen zu wechseln und die Schauplätze teilweise grundlegend zu verändern...

Berauschende Grafik mit kleinen Fehlern
Wirklich alle Szenerien des Spieles sind mit viel Liebe zum Detail und unglaublich viel malerischem Geschick gestaltet worden, was einen Großteil zur einmaligen Atmosphäre des Adventures beiträgt und einen der größten Reize des Spieles darstellt. Allerdings schleichen sich immer wieder arg pixelige Stellen mit in die Welten ein, was in Anbetracht der ansonsten einwandfrei gestalteten Restumgebung nicht wirklich zu verstehen ist. Jedenfalls stören diese groben Grafikschnitzer das Gesamtbild teilweise erheblich und reißen einen in regelmäßigen Abständen aus der ansonsten so geschickt inszenierten Illusion.

Im großen und ganzen kann die Gestaltung des Spieles jedoch überzeugen und liefert vor allem bei den Bewegungsanimationen der Figuren einige echte Glanzleistung ab. Lillys Bewegungen passen tatsächlich immer perfekt zur Umgebung, da sie ein riesiges Repertoire an Bewegungsabläufen beherrscht. Hier wurde ganze Arbeit geleistet. Das Spiel wirkt in technischer Hinsicht aufgrund seiner wunderschönen Animationen und des stark reduzierten Hotspot-Interaktionssystems daher fast ein wenig wie das Point-and-Click-Äquivalent zu den Spielen von David Cage (u.a. "Heavy Rain", "Beyond: Two Souls"). Allerdings lässt sich das nicht auf die inhaltliche Ebene übertragen, denn während Cage filmische Blockbusterunterhaltung mit ein wenig Tiefgang zelebriert, wirkt „Lilly Looking Through“ eher wie ein kleines, nachdenkliches Kunstprojekt. Die zahlreichen malerischen Schauplätze und die knuffige Hauptfigur erinnern nicht selten an die Werke des Studio Ghiblis, weshalb gleich von Beginn an eine vergleichbare Atmosphäre wie in den Filmen Hayao Miyazakis herrscht. Allerdings fällt das Adventure sogar noch einen Tick philosophischer aus und gerät deshalb hin und wieder auch etwas arg sperrig.

Innovatives Konzept mit Macken
Das zugegebenermaßen recht innovative Spielkonzept lässt leider aufgrund seiner Linearität und konsequenter Stringenz im Grunde kein zweites Durchspielen zu – was in Anbetracht der ohnehin schon sehr kurzen Spielzeit (ca. 3 Stunden) ziemlich schade ist. Außerdem besteht vieles in dem Spiel aus reinem Abwarten, da die Animationssequenzen (beispielsweise wenn Lilly einen Hebel bedient) an mancher Stelle viel zu lang geraten sind. Immerhin können die Rätsel überzeugen, da diese – trotz fehlendem Inventar und Dialogverzicht - stets intelligent und fordernd daher kommen. Hier kann sich die tolle Idee mit den zwei verschiedenen Zeitebenen zur vollen Stärke entfalten und für eine Vielzahl gelungener Knobeleien sorgen. Außerdem weiß der subtile und sehr melancholisch geratene Soundtrack zu begeistern und unterstützt wunderbar die tolle Atmosphäre des Spieles.

Jeder Freund origineller Indie-Unterhaltung sollte jedenfalls unbedingt einen Blick wagen, denn „Lilly Looking Through“ gehört zweifelsohne zu den erstaunlichsten Projekten des Jahres 2013.
Erfahre hier, wie der Titel in unserer Wertung abgeschlossen hat.

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Erstellt von George Stobbart
Zuletzt online: 6 Jahre 7 Monate
Kategorie:
Test
Veröffentlicht
Aktualisiert
14. 12. 2013 um 00:52
14. 12. 2013 um 00:52
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